FAQ

  

Was ist Hydroponik?

Bei der hydroponischen Pflanzenproduktion werden Setzlinge in Pflanzgefäßen ohne Erde über eine Nährlösung versorgt. Im Gegensatz zum Anbau auf dem Acker wird weniger Fläche benötigt und es versickert kein Bewässerungswasser in den Boden. Zudem verdunstet auch weniger, da die Verdunstung nur über die Blattflächen erfolgt und nicht über den Boden. Das macht die hydroponische Pflanzenproduktion zu einem wassersparenden Anbauverfahren. Zugleich ist diese Form der Pflanzenzucht ein weltweit wachsender Markt, da mit geringerem Wasser- und Flächenbedarf ein höherer Ertrag erzielt werden kann. In Zeiten von Klimawandel und steigender Wasserknappheit stellt dieses Anbauverfahren ein attraktives und ressourcenschonendes Produktionsverfahren dar.

Was war das Ziel von HypoWave?

Wir wollten wissenschaftlich untersuchen, inwiefern wir durch den Verzicht auf Trink- oder Grundwasser und die Nutzung der Nährstoffe aus Abwässern die hydroponische Pflanzenproduktion noch effizienter und ressourcenschonender gestalten können. Im ersten HypoWave-Projekt von 2016 bis 2020 konnten wir über eine Pilotierung und mithilfe ergänzender Machbarkeitsstudien nachweisen, dass die hydroponische Pflanzenproduktion durch Wasserwiederverwendung möglich ist. Die Machbarkeitsstudien betrachteten zudem die Wirtschaftlichkeit sowie die Rahmenbedingungen, die für die Umsetzung notwendig sind. Für die Machbarkeitsstudien wählten wir verschiedene Regionen in Europa und unterschiedliche Pflanzen aus. Beispielsweise betrachteten wir in Hattorf (Landkreis Gifhorn) Salat, in Raeren/Belgien Schnittblumen und in Albernoa/Portugal Erdbeeren.

Was ist das Ziel von HypoWave+?

Wir wollen im Nachfolgeprojekt HypoWave+ wissenschaftlich untersuchen, ob die Produktion von hydroponisch bewässertem Gemüse mittels umweltschonendem Wasserrecycling eine neue nachhaltige Form der regionalen Gemüseproduktion sein kann. Nachdem wir die technische Machbarkeit im Vorgängerprojekt HypoWave nachweisen konnten, erforschen wir die großtechnische Umsetzung im Gewächshaus.

Was sind die Innovationen in dem Forschungsprojekt HypoWave+?

Im laufenden Projekt HypoWave+ werden sowohl technische als auch soziale und institutionelle Innovationen untersucht. Technisch steht vor allem das digitale Element im Projekt für Innovation: Dabei geht es darum, die Wasseraufbereitung mit der Gemüseproduktion zu verbinden. Mithilfe von Sensorik und künstlichen neuronalen Netzen soll ein biointelligentes Gesamtsystem zur Versorgung entstehen. Darüber hinaus soll die Etablierung eines Aktivkohlebiofilters als hocheffiziente Behandlungsstufe für die Erzeugung von hochwertigem Bewässerungswasser unterstützt werden. Weitere Innovationen liegen in der Vermarktung der erzeugten Produkte und in der Entwicklung eines neuen integrierten Qualitätsmanagements für die Wasserwiederverwendung mithilfe einer Kombination aus sozial- und naturwissenschaftlicher Forschungsmethoden und eines intensiven Austauschs zwischen Praxisakteuren und Wissenschaftler*innen.

Was macht aufbereitetes Abwasser (für die Landwirtschaft) so nachhaltig?

Weltweit gehen 70 Prozent des Wasserverbrauchs auf die landwirtschaftliche Produktion zurück. Ein großer Teil davon sind entweder Trinkwasser, oder andere wertvolle Wasserressourcen wie Grund- und Oberflächenwasser, die zunehmendem Nutzungsdruck unterliegen. Indem wir speziell aufbereitetes Abwasser verwenden, schonen wir die Ressource Wasser. Zum anderen können die Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium und auch die Mikronährstoffe, die im Abwasser enthalten sind und die Pflanzen für ein gesundes Wachstum benötigen, direkt wieder genutzt werden.

Wie wird ein qualitativ hochwertiges Bewässerungswasser gewonnen?

Im ersten Projekt zwischen 2016 und 2020 wurden verschiedene Verfahrensschritte der Abwasserbehandlung einzeln und in Kombination miteinander untersucht. So konnten je nach gewünschter Wasserqualität verschiedene Behandlungsschritte modular miteinander kombiniert werden, um die spezifisch benötigte Qualität des Bewässerungswassers zu erzielen.

Durch diese untersuchten modularen Kombinationsmöglichkeiten sind wir nun in der Lage, ein pflanzenspezifisches Bewässerungswasser zu gewinnen. Für die anstehende Implementierung konnten wir unser präferiertes Behandlungssystem identifizieren. Das Herzstück bildet dabei der Aktivkohlebiofilter, der zwar Nährstoffe im Wasser lässt, aber unerwünschte Stoffe wie Schwermetalle, Spurenstoffe und pathogene Keime herausholt.

Was muss bei der Abwasserbehandlung für eine hydroponische Nutzung bedacht werden?

Bereits das Rohabwasser enthält eine geringe Konzentration an Nährstoffen gemessen an dem, was Pflanzen benötigen. Auch wenn es deutlich zu viel ist, um es unbehandelt in ein Gewässer einzuleiten. Gleichzeitig enthält es einen hohen Kohlenstoffanteil, der in der Bewässerung unerwünscht ist, da er z.B. zur Bildung von Biofilmen führt – das sind Schleimschichten, in denen sich Mikroorganismen wie Bakterien oder Algen ansiedeln. Das entwickelte Behandlungsverfahren, dessen Kern der Aktivkohlebiofilter ist, wird nun großtechnisch erprobt und optimiert. So wird es möglich genauere Bemessungsgrundlagen und Hinweise zur Betriebsführung für zukünftige Anwendungen zu geben.

Was wird in den HypoWave-Projekten angepflanzt?

Ein wichtiges Ergebnis aus der ersten Forschungsphase ist, dass wir ein Produkt mit einer Qualität erzeugen konnten, die vergleichbar ist mit der Qualität aus konventionellem Anbau. Voraussetzung dafür ist ein sogenanntes Multibarrierenkonzept. Das bedeutet, dass es mehrere Stufen gibt, die Keime und Schadstoffe zurückhalten bzw. eliminieren können. Hierzu zählt das mehrstufige Abwasserbehandlungsverfahren mit speziellen Behandlungsschritten, die allein die Beseitigung von Keimen und Spurenstoffen zur Aufgabe haben. Zusätzlich werden die Pflanzen so bewässert, dass die überirdischen Pflanzenteile mit dem Bewässerungswasser gar nicht in Berührung kommen.

In HypoWave+ hat der Qualitäts-Aspekt eine noch größere Bedeutung und wir arbeiten mit einem ganzheitlichen, integrierten Qualitätsmanagement, um Gemüse von hoher Qualität zu garantieren.

Wie steht es um Geschmack und Aroma der Produkte, die mit gereinigtem Abwasser gezogen wurden?

In der ersten Projektphase von HypoWave konnten wir feststellen, dass sich Geschmack und Aroma durch die Herkunft des Bewässerungswassers nicht negativ verändert. Wie bei jedem Anbau führen unterschiedliche Behandlungsverfahren aber durchaus zu unterschiedlichen Geschmackserlebnissen. Es kommt ganz grundsätzlich darauf an, optimale Wachstumsbedingungen und damit die nötigen Voraussetzungen für ein gutes Aroma zu schaffen und die Pflanzen mit den nötigen Mengen an Wasser, Nährstoffen, Licht etc. zu versorgen – aus welcher Quelle sie stammen, ist den Pflanzen gewissermaßen egal.

HypoWave und HypoWave+ verfolgen einen transdisziplinären Forschungsansatz. Was heißt das?

Transdisziplinär heißt für HypoWave, dass wir zum einen unsere Forschungsergebnisse über den Zugang verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen gewinnen. Unser Forschungsteam besteht u.a. aus Ingenieuren, Agrarwissenschaftler*innen und Geograf*innen. Darüber hinaus – und das macht das „trans“ entscheidend aus – beziehen wir auch die Erfahrungen und das Wissen unterschiedlicher explizit nicht-wissenschaftlicher Akteure mit ein. Indem wir den Dialog mit erfahrenen Anwendern und potenziellen Akteuren schon im Projekt suchen, können wir frühzeitig vorhandene Erfahrungen in die Forschungsarbeit einfließen lassen. Zugleich hilft es uns, besser zu erkennen, wo es praktische Bedarfe gibt, die für die Herangehensweise wichtig sind – damit ein wissenschaftliches Projekt auch erfolgreich in die Anwendung gehen kann.

In welchen Bereichen kann die Bewässerung mit dem speziell aufbereiteten kommunalen Abwasser konkret Anwendung finden?

In Deutschland ist es im Freiland grundsätzlich witterungsbedingt nicht möglich, Sonderkulturen wie Tomaten, Paprika oder auch Auberginen und Melonen anzupflanzen. In einem hydroponischen System mit Gewächshaus lassen sich hingegen das ganze Jahr über Sonderkulturen produzieren. Das könnte für Anwender*innen eine attraktive Bezugsquelle sein, da es eine ganzjährig verfügbare und regionale Gemüseproduktion garantiert.

Darüber hinaus könnte die Abwasserbehandlung, die wir in HypoWave betrachtet haben, auch dort zu einem nachhaltigen Umgang mit den Wasserressourcen beitragen, wo keine Hydroponik möglich ist. Denn das Konzept der modularen Wasseraufbereitung kann auch mit Blick auf andere Einsatzorte wie z.B. die landwirtschaftliche Bewässerung im Freilandbereich, die Bewässerung von Grünflächen oder auch die Bereitstellung von Wasser für die Grundwasseranreicherung genutzt werden.

Was sind die nächsten Schritte im Projekt?

Das aktuell laufende Projekt HypoWave+ (2021–2024) beginnt mit der Planung und der Installation der Anlagen. Hierzu zählen die Abwasseraufbereitung und das Gewächshaus sowie die komplette Infrastrukturversorgung. Im Gewächshaus muss zudem das hydroponische System installiert und betriebsbereit aufgebaut werden. Diese Arbeiten sollen bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Im Frühjahr 2024 ist die erste Bepflanzung geplant, im Laufe des Jahres werden die Produkte in den Einzelhandel kommen. Zum Jahresende 2024 wollen wir ein Fazit zum Pilotprojekt und zur Akzeptanz von den so erzeugten Lebensmitteln ziehen.